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Montag, 11. Juli 2011

Busfahren und seine Mainzer Widrigkeiten

copyright MVG - Mainzer Verkehrsgesellschaft

In Mainz gibt es ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz. Die MVG schenkt Mainzer Neuankömmlingen sogar 5 Freifahrten und man erhält eine quietschgelbe Jutetasche mit einem lachenden Bus sowie der Aufschrift Mainzigartig Mobil. Doch so sonnig wie auf der Stofftasche (Stoffbeutel) geht es leider in hiesigen Bussen nicht immer zu. Da wäre zum Einen der nicht einzudämmende Geschwindigkeitsrausch der Mainzer Buslenker; sobald die Ampel auf grün schaltet, brüllen die Motoren und man fühlt sich als Fahrgast wie auf dem Prater in der wackeligen Geisterbahn. Auch, was so manche unrühmliche Begegnung mit anderen Fahrgästen betrifft. Da gibt es jene, die sich ununterbrochen räuspern und die man bereits beim zweiten Geräuschausscheiden gerne aussteigen sehen würde. Da gibt es solche, die beinahe schreiend telefonieren - meist sind das auch die Kandidaten, welche die kreativsten Klingeltöne hören lassen (am schönsten: Lady Gaga mit Pokerface...). Wieder andere besetzen mit schmächtiger Figur und ebenso schmächtiger Begleittasche gleich vier Sitzplätze - wie sie das bewerkstelligen, bleibt schleierhaft. Im Sommer wird dieses wunderbare Erlebnis auch noch durch die geradezu aufdringliche Schwüle der hiesigen Gegend untermauert. Ein Fest für alle Sinne!

Montag, 27. Juni 2011

Alte Bauten und neue Erfahrungen

Mainz zur Kirschblütenzeit
Und die Reise geht weiter...Nachdem ich von Januar bis März bereits regelmäßig Mainzer Luft schnuppern durfte (Kilometerbilanz der Chose übrigens: 4641), ging es also am 25.03. 2011 endgültig nach Rheinhessen.
Ein klitzekleiner Teil der mit diesem Ortswechsel verbundenen Veränderungen wurden ja bereits angeschnitten, heute aber soll versucht werden, noch ein wenig detaillierter auf den zweiten Kulturschock innerhalb relativ kurzer Zeit einzugehen. Da wären zum Einen neue sprachliche Probleme. Wer dachte, das etwas südlicher gelegene Deutschland sei linguistisch für einen Ösi leichter zu erschließen, der irrt gewaltig.
Das (nach anfänglichen Schwierigkeiten) in Fleisch und Blut übergegangene Mooooooooooooin zu jeder Tages- und Nachtzeit ist wieder passé - erst die Umgewöhnung von Grüß Gott auf dessen norddeutsche Variante und dann das. Außerdem: wir wohnen nicht in Mainz, sondern in Meenz und trinken ab sofort kein Selters (au weh), sondern Bitzelwasser. Lediglich die Sache mit der Schorle ist gleich geblieben; die bei wassertrinktechnischen Puristen in Österreich beliebte Phrase "ein Mango-Pago mit Leitungswasser auf 0,5" versteht hier leider niemand. Ach ja, und wir haben keinen Durst, sondern die Variante mit "o" (Dorscht). Zum Fasching - pardon, zur Fasenacht - bekommt man hier keine Krapfen, sondern Krebbel, die wir übrigens nicht auf einem mit Backpapier, sondern auf einem mit Krepppapier ausgelegtem Blech backen. Die Autorin könnte jetzt gemein sein und sich wundern, dass derlei Ausdrücke ausgerechnet in der Stadt des Buchdrucks überlebt haben...


 Aber nun zu weitaus unerfreulicheren Gegebenheiten, die mittlerweile gottseidank hinter uns liegen. Immer noch plagen mich dezente Alpträume, wenn ich vor meinem inneren Auge ein allseits bekanntes, rot-weißes Emblem sehe, denn:
Was Pläne betrifft, so scheint es, als hätte besonders die Deutsche Bahn ein Motto von John Lennon verinnerlicht und zwar Leben ist das, was geschieht, während du eifrig andere Pläne schmiedest.Wunderbar für Dauerreisende. Kaum eine meiner zahlreichen Fahrten auf Deutschlands Nord-Süd-Achse verging zwischen Jänner und April ohne einen nennenswerten Zwischenfall: von Oberleitungsstörung bis zur mutwilligen Zerstörung eines Wagens aber auch Notfalleinsatz auf den Geleisen war alles dabei. Im Grunde sollte sich die Bahn den Slogan: „DB – Erlebnisreisen  erster Güte – es ist schön, nicht zu wissen, was dich erwartet“ zu eigen machen. Zum Glück jedoch kommt man immer „irgendwie“ an und sei es fluchend mit der letzten akzeptablen S-Bahn.
A propos ankommen: mit Verkehrsanbindungen in sämtliche Richtungen ist Mainz nun wirklich reich gesegnet - im Gegensatz zu unserer vorigen Heimat, wo man zugegebenermaßen ohne Benzinschleuder absolut und relativ aufgeschmissen war, wollte man mobil sein. Meenz steht da schon anders da: wir brauchen rund 30 Minuten zum Frankfurter Flughafen, einem "der" Dreh- und Angelpunkte Europas, in rund vier Stunden sind wir in Paris und München, in ebensovielen in Basel oder Hamburg und Köln ist gar in zwei Stunden erreichbar. Von Husum, so schön dieses Fleckchen Erde auch war, ist praktisch "alles" weit weg...
Gefühlt ist dies auch Wiesbaden für den Mainzer, denn, obwohl die hessische Landeshauptstadt praktisch "nur" am anderen Flussufer zu finden ist, sind Welten dazwischen; zumindest, wenn es nach den jeweils nicht auf der "ebsch Seit" befindlichen Einwohnern geht. Außen- bzw. Drüberstehende befinden jedoch, "dass das eh im Grunde eine Stadt ist"
Während die hessische Stadt Wiesbaden als eine der ältesten Kurstädte Europas durch sein gediegenes Flair bekannt ist, glänzt Mainz dieses Jahr mit dem Titel Stadt der Wissenschaft 2011 und dem in Restaurierung befindlichen Mainzer Dom steht in Wiesbaden die größte Kuckucksuhr der Welt gegenüber. Was beide Städte eint, ist die römische Vergangenheit. In Mogontiacum findet man heute noch regelmäßig ob der reichhaltigen sich vor allem bei Bauarbeiten offenbarenden römischen Spuren sich die Haare raufende Konstrukteure und in Acquae Mattiacum kann man heute noch mit der Nerobergbahn fahren.

Die "epsch Seit" aus Mainzer Sicht
Doch den heutigen rechts- und linksrheinisch Angesiedelten ist die gemeinsame Vergangenheit, die  im Übrigen teilweise durch eine Abtrennung einiger ehemals Mainzer Stadtteile seitens der Besatzungsmächte nach dem 2. Weltkrieg willkürlich abgeschnitten wurde, viel zu lange zurückliegend. Ein Wiesbadener zieht demnach nicht leichtfertig auf die andere Flußseite; so auch nicht mein liebster Hesse aller Hessen. Ihn kostete es einige Überwindung, den Hauptwohnsitz plötzlich auf die "epsch Seit" verlegen zu müssen und diesen auch tagtäglich im Personalausweis vermerkt zu sehen. Da hilft nur, ihn daran zu erinnern, dass auch die werte Frau Freundin Ausländerin in Mainz ist...

Freitag, 24. Juni 2011

3,2,1...Mainz - zum Einstand

Man möchte meinen, Mainz und seine Umgebung singt und lacht bei Tag und Nacht. Dem ist zwar oft so, aber beileibe nicht immer. Die Husumer Ruhe ist dahin, das Treiben einer belebten Studentenstadt inkl. proppevoller Samstagvormittagsinnenstadt hat uns wieder. So weht uns nun zwar kein rauer Wind mehr entgegen, dennoch aber stehen wir auch im geselligen Mainz, der Heimat des Buchdrucks und dem Mekka der Fleischwurstliebhaber (für den geneigten österreichischen Leser: Fleischwurst = geschmacklich und innerlich optisch wie Extrawurst, äußerlich optisch...man überzeuge sich selbst...) vor einigen alltäglichen Herausforderungen. Eine bzw. mehrere davon trugen sich gestern zu. 
Mein liebster Hesse aller Hessen und ich auf dem Weg in den Rheingau. Eine beschauliche, schöne Feiertagsaufgabe, denken wir, denn auf dem Weg nach Wiesbaden gestaltet sich der Zug auf erfreuliche Weise leer. Kaum jedoch im eigentlichen Wagen Richtung Rheingau angekommen, werden wir eines besseren belehrt: Wie gewöhnlich präsentiert sich der Zug zweiwaggonig, obwohl die Anzahl der Fahrgäste locker auch vier Waggons hätte füllen können. Wir bahnen uns durch Wanderer aller Altersklassen mit Ausrüstungen unterschiedlichster Qualitätsgüte - von weißen Sandalen bis Multifunktionsoverall ist alles dabei -  und atmen erleichtert auf, als wir einen Sitzplatz finden. Gegenüber von uns eine sympathische Dame mittleren Alters. "Das ist ja nochmal gut gegangen", denken wir erleichtert. 
Gemütlich lehnen wir uns zurück, mein liebster Hesse aller Hessen mit Apfelspielzeug, ich mit Hörbuch und tuckeln durch die beschauliche Landschaft, als wir plötzlich jäh aus unserem Feiertagshalbschlaf gerissen werden. 50cm hinter uns beginnt plötzlich eine fahrende Boygroup lautstark zu musizieren - so laut, dass ich nicht einmal mehr mitbekomme, dass ich mir eigentlich gerade ein Hörbuch zur Gemüte führe. Damit nicht genug: Die Jungs werden nicht nur laut, sondern klappern den Waggon mit ihrer mobilen Geldbörse ab. Als sie bei uns vorbeiziehen, raunt mir die sympathische Dame zu: "Für's Aufhören würde ich ihnen mit Sicherheit etwas zustecken!" Ich muss trotz der ungewollten Beschallung seitens der fahrenden Boygroup schmunzeln. Als diese sich entfernt, scheint wieder Harmonie im Zuge zu sein. 
Kaum fünf Minuten später löst sich diese zart gehegte Hoffnung allerdings in Luft auf, als eine Horde Junggesellenabschiedler mit T-shirts, die am Niveau der Organisatoren zweifeln lassen, polternd den Waggon entlangschwankt. Nach dem fünften "Es gibt keine häßlichen Frauen, nur zu wenig Alkohol" zur Schau tragenden werden meine Augen müde. Im Stillen hoffe ich, dass meinem Zukünftigen so ein Spruch bei seinem Polterabend nicht zugemutet wird und springe an unserem Zielbahnhof ungeduldig aus dem Zug. Im Grunde sollte die beschauliche Umgebung Rüdesheims, ein Wunder der Natur, auf uns warten. Doch statt dessen drängt sich mir Benzingestank und Motorenlärm in Nase und Ohr, denn Rüdesheim ist dieser Tage Treffpunkt unzähliger Motorradfans: Harley Davidsons et al wohin das Auge reicht - "Und das im Zeitalter der drohenden Ressourcenknappheit", denke ich mir. Aber ich will den Energieapostel jetzt nicht raushängen lassen und so halte ich mich mehr oder weniger mit kritischen Äußerungen zurück. 
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Nach einem beschaulichen Nachmittag bei den Schwiegereltern in Spe erwartet uns abermals der Gang zum Zug. Na ja, kann ja schlimmer nicht werden, meinen wir - und behalten Recht. Bis auf die Tatsache, dass die Bahn Verspätung hat, bleiben wir diesmal von unliebsamen Zwischenfällen verschont. Dennoch nutzt mein liebster Hesse aller Hessen, normalerweise energiebewußt und sparsam, die Gelegenheit, um mir ein weiteres Argument pro Auto vor Augen zu führen, nämlich, dass wir, hätten wir ein solches, in derlei Bedrängnisse gar nicht kämen. Meine Einwände könnten mannigfaltiger gar nicht sein: ewige Parkplatzsuche, Mainzer Parktickets, Staus auf allen Wegen, CO2-Bilanz, Luxus...Ich seufze resigniert, denn ich muss feststellen: Ein moralisch "guter" Mensch zu sein ist manchmal mit einigen Kompromissen verbunden. Die Frage nach der "besseren" Alternative kann sich in diesem Fall ja gar nicht stellen. Deshalb: Fleischwurst drüber und weitermachen!