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Montag, 27. Juni 2011

Alte Bauten und neue Erfahrungen

Mainz zur Kirschblütenzeit
Und die Reise geht weiter...Nachdem ich von Januar bis März bereits regelmäßig Mainzer Luft schnuppern durfte (Kilometerbilanz der Chose übrigens: 4641), ging es also am 25.03. 2011 endgültig nach Rheinhessen.
Ein klitzekleiner Teil der mit diesem Ortswechsel verbundenen Veränderungen wurden ja bereits angeschnitten, heute aber soll versucht werden, noch ein wenig detaillierter auf den zweiten Kulturschock innerhalb relativ kurzer Zeit einzugehen. Da wären zum Einen neue sprachliche Probleme. Wer dachte, das etwas südlicher gelegene Deutschland sei linguistisch für einen Ösi leichter zu erschließen, der irrt gewaltig.
Das (nach anfänglichen Schwierigkeiten) in Fleisch und Blut übergegangene Mooooooooooooin zu jeder Tages- und Nachtzeit ist wieder passé - erst die Umgewöhnung von Grüß Gott auf dessen norddeutsche Variante und dann das. Außerdem: wir wohnen nicht in Mainz, sondern in Meenz und trinken ab sofort kein Selters (au weh), sondern Bitzelwasser. Lediglich die Sache mit der Schorle ist gleich geblieben; die bei wassertrinktechnischen Puristen in Österreich beliebte Phrase "ein Mango-Pago mit Leitungswasser auf 0,5" versteht hier leider niemand. Ach ja, und wir haben keinen Durst, sondern die Variante mit "o" (Dorscht). Zum Fasching - pardon, zur Fasenacht - bekommt man hier keine Krapfen, sondern Krebbel, die wir übrigens nicht auf einem mit Backpapier, sondern auf einem mit Krepppapier ausgelegtem Blech backen. Die Autorin könnte jetzt gemein sein und sich wundern, dass derlei Ausdrücke ausgerechnet in der Stadt des Buchdrucks überlebt haben...


 Aber nun zu weitaus unerfreulicheren Gegebenheiten, die mittlerweile gottseidank hinter uns liegen. Immer noch plagen mich dezente Alpträume, wenn ich vor meinem inneren Auge ein allseits bekanntes, rot-weißes Emblem sehe, denn:
Was Pläne betrifft, so scheint es, als hätte besonders die Deutsche Bahn ein Motto von John Lennon verinnerlicht und zwar Leben ist das, was geschieht, während du eifrig andere Pläne schmiedest.Wunderbar für Dauerreisende. Kaum eine meiner zahlreichen Fahrten auf Deutschlands Nord-Süd-Achse verging zwischen Jänner und April ohne einen nennenswerten Zwischenfall: von Oberleitungsstörung bis zur mutwilligen Zerstörung eines Wagens aber auch Notfalleinsatz auf den Geleisen war alles dabei. Im Grunde sollte sich die Bahn den Slogan: „DB – Erlebnisreisen  erster Güte – es ist schön, nicht zu wissen, was dich erwartet“ zu eigen machen. Zum Glück jedoch kommt man immer „irgendwie“ an und sei es fluchend mit der letzten akzeptablen S-Bahn.
A propos ankommen: mit Verkehrsanbindungen in sämtliche Richtungen ist Mainz nun wirklich reich gesegnet - im Gegensatz zu unserer vorigen Heimat, wo man zugegebenermaßen ohne Benzinschleuder absolut und relativ aufgeschmissen war, wollte man mobil sein. Meenz steht da schon anders da: wir brauchen rund 30 Minuten zum Frankfurter Flughafen, einem "der" Dreh- und Angelpunkte Europas, in rund vier Stunden sind wir in Paris und München, in ebensovielen in Basel oder Hamburg und Köln ist gar in zwei Stunden erreichbar. Von Husum, so schön dieses Fleckchen Erde auch war, ist praktisch "alles" weit weg...
Gefühlt ist dies auch Wiesbaden für den Mainzer, denn, obwohl die hessische Landeshauptstadt praktisch "nur" am anderen Flussufer zu finden ist, sind Welten dazwischen; zumindest, wenn es nach den jeweils nicht auf der "ebsch Seit" befindlichen Einwohnern geht. Außen- bzw. Drüberstehende befinden jedoch, "dass das eh im Grunde eine Stadt ist"
Während die hessische Stadt Wiesbaden als eine der ältesten Kurstädte Europas durch sein gediegenes Flair bekannt ist, glänzt Mainz dieses Jahr mit dem Titel Stadt der Wissenschaft 2011 und dem in Restaurierung befindlichen Mainzer Dom steht in Wiesbaden die größte Kuckucksuhr der Welt gegenüber. Was beide Städte eint, ist die römische Vergangenheit. In Mogontiacum findet man heute noch regelmäßig ob der reichhaltigen sich vor allem bei Bauarbeiten offenbarenden römischen Spuren sich die Haare raufende Konstrukteure und in Acquae Mattiacum kann man heute noch mit der Nerobergbahn fahren.

Die "epsch Seit" aus Mainzer Sicht
Doch den heutigen rechts- und linksrheinisch Angesiedelten ist die gemeinsame Vergangenheit, die  im Übrigen teilweise durch eine Abtrennung einiger ehemals Mainzer Stadtteile seitens der Besatzungsmächte nach dem 2. Weltkrieg willkürlich abgeschnitten wurde, viel zu lange zurückliegend. Ein Wiesbadener zieht demnach nicht leichtfertig auf die andere Flußseite; so auch nicht mein liebster Hesse aller Hessen. Ihn kostete es einige Überwindung, den Hauptwohnsitz plötzlich auf die "epsch Seit" verlegen zu müssen und diesen auch tagtäglich im Personalausweis vermerkt zu sehen. Da hilft nur, ihn daran zu erinnern, dass auch die werte Frau Freundin Ausländerin in Mainz ist...

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